Auch im vierten Teil unserer Glücksbringer-Weltreise bleiben wir auf dem großen Kontinent Amerika. Mit Guatemala zieht es uns in ein kleines, zentralamerikanisches Land dessen Traditionen noch den Mayas geprägt sind.
Mit der besten Freundin gestritten, Angst vor einer Klassenarbeit oder Ärger mit den Eltern, Wenn Kinder Probleme haben, können ihnen Sorgenpüppchen helfen. Die stammen aus Guatemala und heißen dort „Muñeca quitapena.“ Die Kinder erzählen den Puppen ihre Sorgen, legen sie abends unters Kopfkissen, schlafen eine Nacht drüber, und morgens sollen die Ängste verschwunden sein – und es geht den Kindern hoffentlich schon besser und sie sind glücklicher. Ein sehr schöner Trost!
Aus Draht, Wolle und Stoffresten werden sie gebastelt und sind in typischer Maya-Tracht gekleidet. Sie sind etwa ein bis fünf Zentimeter groß und werden in bunten Säckchen verkauft. Alle in unterschiedlichen Farben. So viele Püppchen, dass man meist für jeden Tag der Woche eine hat. Jeder darf maximal eine Sorge erzählt werden. Damit sich die anderen an den restlichen Tagen ausruhen können – vor ihrem nächsten Einsatz. Oder man vertraut sich allen Kummer-Püppchen mit jeweils einem anderen Problem an und legt sie dann zusammen in den Stoffbeutel und dann unter das Kissen. Sie können auch als Traumfänger fungieren, sprich, die bösen Träume abfangen.
Wahrheit oder Legende?
Laut Legende geht die Geschichte der Muñecas quitapena auf die Prinzessin Ixmucané zurück. Jeden Tag kamen Menschen zu ihr und erzählten, was sie bedrückt. Sie wussten einfach nicht, wo sonst ihre Sorgen besser aufgehoben wären. Denn Ixmucané hatte ein äußerst schönes, sorgenfreies Leben. Ihr tat es leid, dass es anderen Menschen nicht so gut ging. In einer Nacht wandte sie sich an den Sonnengott und bat ihn um Hilfe. Plötzlich wurde der nächtliche Himmel kurz erleuchtet – und der Sonnengott schenkte ihr die Gabe, die Probleme aller Menschen zu lösen. Kaum hatte er das gesagt, wurde es wieder dunkel. War das alles nur ein Traum? Nein, denn am nächsten Tag kamen die ersten Bittsteller, erzählten ihr ihre Ängste. Sie sprach ihnen gut zu – und wie durch ein Wunder lösten sich alle in Luft auf. Als immer mehr Menschen kamen, war Ixmucané etwas überfordert und gab ihre Gabe an sechs weitere Personen weiter. So konnten sie sich die Aufgaben teilen. Seitdem gibt es mehrere Helferlein in den bunten Säckchen.
Aber woher kamen dort eigentlich die Menschen? Die Maya erzählen sich, dass sich einst die Götter verbunden haben, um die Welt zu formen. Mit den Menschen klappte es nicht so gut. Die ersten waren aus Stein, zu hart, um sich zu bewegen. Beim zweiten Mal versuchten sie es mit Schlamm. Die lösten sich im Regen aber auf. Danach funktionierte es. Sie sollten aus Mais sein. Die Göttin des Mais erschien und so erschuf sie die hombres y mujeres de maiz, die Maya. Die Maya bauten nicht nur Mais und Bohnen an, sondern auch den Kakaobaum. Und mit Schokolade ist doch jede Sorge oft glücklicherweise nur noch halb so schlimm.
Foto: Bjoern Wylezich